Manuel Geist
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An den Schnittstellen der Macht. Französische und britische Russlandexperten und die Beziehungen zu Russland, 1890-1924
Der außenpolitische Kurs der Annäherung an das zaristische Russland war sowohl in Frankreich als auch in Großbritannien zeitgenössisch hoch umstritten. Die Alliance franco-russe (1891/94) und die Anglo-Russian Entente (1907) litten beide strukturell an einem innenpolitischen Legitimationsdefizit und am traditionellen Misstrauen der politischen Elite gegenüber dem autokratischen Zarenreich. Vor diesem Hintergrund und im Kontext des zeitgenössischen Mangels an russland-spezifischen Kompetenzen in den Reihen der außenpolitischen Funktionsträger gewann, so die Ausgangshypothese, eine Gruppe von Journalisten und Wissenschaftlern an Bedeutung, die als Russlandexperten fortan auf mehreren Ebenen die Beziehungen ihres Landes zu Russland mitgestalteten. Als Wissensproduzenten, mediale Meinungsführer und als Mitglieder außer-parlamentarischer pressure groups prägten sie fortan wesentlich den öffentlichen Russlanddiskurs und waren als politische Ratgeber und inoffizielle Agenten direkt in die Russlandpolitik ihrer Regierungen involviert. Während die führenden Außenpolitiker in der Verständigung mit Russland meist nur ein Zweckbündnis ungleicher Partner erblickten, kamen aus den Reihen der Russlandexperten die Visionäre einer dauerhaften freundschaftlichen Allianz mit Russland und die engagiertesten Verteidiger der brüchigen Partnerschaft.
Das Forschungsprojekt untersucht in einem gruppenbiografischen Ansatz und in vergleichender Perspektive die Karrieren französischer und britischer Russlandexperten zwischen 1890 und 1924 und fragt nach deren Funktionen und Handlungsspielräumen innerhalb der bilateralen Beziehungen zu Russland. Durch die Fokussierung auf eine in der Forschung bislang unterbeleuchte Akteursgruppe und durch die Einbeziehung medien- und wissensgeschichtlicher Aspekte versteht sich die Arbeit als ein innovativer Beitrag zur Geschichte der internationalen Beziehungen des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Betreuungsteam:
Prof. Dr. Jörn Leonhard (Erstbetreuung)
Prof. Dr. Dietmar Neutatz
Prof. Dr. Aleksej Žerebin
2006-2013
Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, der Philosophie, der Neueren Deutschen Literaturgeschichte und des Öffentlichen Rechts (Magister Artium) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
2008-2012
Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl der Geschichte des Romanischen Westeuropa, Prof. Dr. Jörn Leonhard
2010
Studium der Geschichte und Philosophie an der Université Sorbonne/Paris IV und an der École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS) in Paris
seit Apr. 2014
Doktorand am Lehrstuhl der Geschichte des Romanischen Westeuropa, Prof. Dr. Jörn Leonhard
seit Okt. 2014
Promotionsstipendiat der Landesgraduiertenförderung Baden-Württemberg
Sept. 2016-Jan. 2017
Promotionsstipendiat des Deutschen Historischen Instituts in London
Okt. 2016-Sept. 2019
Assoziierter Promovierender des Internationalen Graduiertenkollegs 1956 „Kulturtransfer und ‚kulturelle Identität‘ – Deutsch-russische Kontakte im europäischen Kontext“